Viele in Langzeitbeziehungen lebende Paare berichten davon, dass mit der Zeit die Lebendigkeit in ihrer Beziehung abgenommen habe. Der Wunsch, die Lebendigkeit vergangener Zeiten wieder erleben zu können, führt bei vielen Paaren zur Idee, ihre Beziehung zu öffnen.
In der Öffnung einer Beziehung steckt zweifelsohne das Potential, die Energiebilanz der Partner, die dann zu Erstpartnern geworden sind, zu erhöhen. Denn sexuelle Begegnungen mit Dritten können das Selbstwertgefühl steigern, zu größerer sexueller Zufriedenheit führen und das verlorengegangene Gefühl von “Verknalltsein“ reinszenieren. Das sind alles legitime Möglichkeiten, um die Lebendigkeit zurückzubringen.
Mir hat sich dabei allerdings die Frage gestellt, inwieweit diese neu gewonnene Lebendigkeit der Beziehung eines Erstpaares zugutekommen kann. Denn diese neu gewonnene Lebendigkeit entsteht ja nicht innerhalb, sondern außerhalb ihrer Beziehung (!). Umso mehr ein Paar ihre Sexpartner getrennt voneinander aufsucht, desto weniger können sie die erlebte Lebendigkeit mit ihrer Beziehung in Verbindung bringen bzw. integrieren, weil sie diese ja nicht miteinander erleben. Beide Erstpartner mögen dann zwar glücklich sein – allerdings muss dadurch nicht automatisch ihr gemeinsame Glück als Erstpaar erhöht werden.
Was hält Erstpartner denn zusammen, wenn beide die Lebendigkeit außerhalb ihrer Beziehung erfahren? Im Ergebnis meiner Recherchen sind mir von offen lebenden Paaren immer wieder folgende Antworten begegnet:
- Dankbarkeit dem Erstpartner gegenüber, dass er Nebenbeziehungen zulässt.
- Vertrautheit mit dem Erstpartner.
- Sicherheit aufgrund einer (meist schwierig nachvollziehbaren) Überzeugung, dass sich die Erstpartner nicht verlassen werden, weil
- kein anderer Sexpartner in der Summe die Bedürfnisse des Erstpartners wird besser erfüllen können,
- ein Veto- Recht vereinbart wurde, mit welchem eine sich anbahnenden emotionale Bindung oder Liebe zu einem Sexpartner unterbunden werden könne.
- Trägheit und Scheu,
- die vom Erstpartner gebotene Verlässlichkeit aufzugeben,
- die offene in eine polyamore Beziehungsform zu überführen,
- die Lebensgewohnheiten zu verändern.
Die Trägheit und Scheu eine bestehende Beziehungsform zu verändern, betrifft nicht nur die offene, sondern alle anderen Beziehungsformen gleichfalls. Für mich sind das gut nachvollziehbare rationale Gründe, die zwar wenig “romantisch” klingen, jedoch der offenen Beziehung Stabilität verleihen können sollten.
Die Ergebnisse meiner Recherchen zeigen aber auch Möglichkeiten auf, wie die Lebendigkeit innerhalb einer Langzeitbeziehungen erhalten und wiederbelebt werden kann, ohne sie durch Öffnung im Außen zu suchen. Paare, denen das miteinander gelungen ist, berichten übereinstimmend davon, dass diese Erfahrung ihre Beziehung sehr vertieft habe. In meinem Buch gehe ich genauer auf die Energiebilanz von Beziehungen ein und empfehle jedem Paar, das seine Beziehung öffnen möchte, sich zu überlegen, wie es die Lebendigkeit, die beide in Nebenbeziehungen erlebt haben, in ihre Erstbeziehung lenken können.
Schreibe einen Kommentar