Mit gesammelten Erfahrungen können Partner in ihrer Beziehung unterschiedlich umgehen. Während der Recherchen zu meinem Buch habe ich erfahren, dass Paare, die sich gegenseitig über ihre Erlebnisse nicht nur auf der Sachebene, sondern gerade auch auf der Gefühlsebene teilhaben lassen, ihre Beziehung festigen und vertiefen können. Gerade der Austausch auf der Gefühlsebene kann stiller Wut bzw. stillem Ärger vorbeugen.
Erfahrungen kann ein Paar innerhalb und außerhalb ihrer Beziehung sammeln. Bei den außerhalb der Beziehung gesammelten Erfahrungen handelt es sich um solche, die ein Partner ohne den anderen erlebt hat. Dabei zeigt sich, dass die Bindung eines Paares tendenziell stärker wird, wenn es sich über beide Arten von Erfahrungen mit gegenseitigem Interesse austauscht. Paare, die in monogam geprägten Beziehungen leben, handhaben das häufig so.
Paare in polygam geprägten Beziehungen gehen mit dem Austausch von Erfahrungen, welche sie außerhalb ihrer Beziehung erleben, oft anders um. Denn bei Ihnen umfassen die außerhalb ihrer Beziehung erlebten Erfahrungen auch Begegnungen mit anderen Sexpartnern (Offen Beziehung) bzw. anderen Beziehungspartnern (Polyamore Beziehung). Viele Paare in polygamen Beziehungen haben vereinbart, sich von den sexuellen Erlebnissen außerhalb ihrer Beziehung nichts mitzuteilen. Dies wird auch als „Don’t Ask, Don’t Tell“ bezeichnet.
Bei einem vereinbarten „Don’t Ask Don’t Tell“ bleibt vorsätzlich ein Teil der Erlebnisse zwischen den Partnern unausgesprochen bzw. ungeteilt, jeder Partner behält einen sehr intimen Zeitabschnitt für sich. Genau diese nicht mit dem Partner geteilten Erlebnisse sind für ihn eine Art „Black Box“, ein unbekannter Zeitabschnitt. Diese verabredete Geheimhaltung besagt nichts anderes, als dass manche intimen Erlebnisse des einen Partners den anderen Partner „nichts angehen“, wodurch eine Teilhabe ausgeschlossen wird.
Im Rahmen der Recherchen zu meinem Buch konnte ich feststellen, dass Paare in polygam geprägten Beziehungen tendenziell ihre Beziehung stabiler halten können, wenn sie „stark genug sind“, um sich auch die intimsten Details von Erlebnissen mit anderen Sexpartnern bzw. Beziehungspartnern gerade auch auf der Gefühlsebene mitzuteilen. Solche Paare, die sich auch an den sexuellen Erlebnissen außerhalb ihrer Beziehung teilhaben lassen, räumen sich gegenseitig die Möglichkeit ein, diese außerhalb ihrer Beziehung gesammelten Erlebnisse in ihre Beziehung zu integrieren. Manche Paare scheinen dadurch die geminderte Exklusivität ihrer Beziehung ausgleichen zu können. Demgegenüber benutzen Paare, die sich intime Erlebnisse außerhalb ihrer Beziehung verschweigen, eine Vermeidungsstrategie, die auf eine eher labile Beziehung hinweist.
Das häufigste Motiv, weshalb sich Partner intime Erfahrungen außerhalb ihrer Beziehung vorenthalten, hängt mit der Vermeidungsstrategie zusammen. Denn viele Partner würden Eifersucht oder zumindest negative Gefühle entwickeln, wenn sie von den sexuellen Details des anderen Partners erfahren. Insbesondere, wenn er besonders guten Sex erlebt oder wenn er im Falle einer offenen Beziehung Gefühle für den Sexpartner entwickelt hat. Ein weiteres Motiv ist offenbar Desinteresse an den (sexuellen) Erlebnissen des Partners.
Mir scheint so, dass beide Motive, den Partner nicht an den intimen Erlebnissen außerhalb der gemeinsamen Beziehung teilhaben zu lassen, auf ungesunde Dynamiken in der Beziehung hinweisen. Beim Motiv der Vermeidungsstrategie soll „emotionaler Schmerz“ verhindert werden, beim Motiv der Gleichgültigkeit darf hinterfragt werden, wie tief die Liebe beider Partner tatsächlich ist. Denn ein Satz besagt, dass das Gegenteil von Liebe nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit sei.
Polygame Beziehungen mit einer „Black Box“ zu handhaben, wodurch der eine Partner von vielen intimen Erfahrungen des anderen Partners ausgeschlossen wird, ist daher in Sinne einer stabilen Beziehung wenig empfehlenswert. Will sich ein Paar einerseits sexuelle Erlebnisse mit anderen erlauben, sich andererseits aber auch an den Erlebnissen gegenseitig teilhaben lassen, bietet sich ein gemeinsamer Besuch in einem Swinger Club oder ein gemeinsamer Partnertausch an. Denn diese Erlebnisse werden miteinander und nicht getrennt voneinander gesammelt, wodurch dem Paar aufgrund der Transparenz ein gemeinsamer Gesprächsstoff eröffnet wird, sodass diese Erlebnisse deutlich besser als die getrennt voneinander gesammelten Erlebnisse in die gemeinsame Beziehung integriert werden können.
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