Während der Recherchen zu meinem Buch bin ich auch der Frage nachgegangen, was eine Beziehung definiert. Ab wann befinden wir uns in einer Beziehung mit jemandem?
Bei der Suche nach einer Antwort ist mir mehrmals eine Definition begegnet, die für mich sehr schlüssig ist. Danach befindet sich ein Paar in einer Beziehung, wenn es sich aufeinander „bezieht“ und eine freiwillige Selbstverpflichtung miteinander eingeht.
Im Mittelpunkt einer Beziehung stehen gemeinsame Werte und Vorstellungen von der Zukunft. Dabei bleibt es jedem Paar überlassen, in welchem Umfang es sich freiwillig selbstverpflichtet. Bei offenen Beziehungen wird die sexuelle Exklusivität aus dieser freiwilligen Selbstverpflichtung ausgelagert. Durch diese Verringerung verändert sich die Energiebilanz der Beziehung deutlich. Schließlich kann aus der freiwilligen Selbstverpflichtung eines Erstpartners eine unfreiwillige werden, wenn er einem Sexpartner mehr Aufmerksamkeit als mit dem anderen Erstpartner vereinbart schenken will. Oder wenn ein (Erst-) Paar zusammenbleibt, obwohl es sich entliebt hat.
Zur freiwilligen Selbstverpflichtung gehört meiner Ansicht nach auch, den Partner an der Zeit teilhaben zu lassen, welche außerhalb der Beziehung verbracht wurde. In offenen Beziehungen sollte diese Teilhabe auch Erlebnisse mit Sexpartnern umfassen. Denn andernfalls halten sich die Erstpartner einen wichtiger Teil ihres Lebens gegenseitig vor. Viele in offenen Beziehungen lebende Paare haben jedoch geregelt, sich die sexuellen Erlebnisse außerhalb ihrer Beziehung nicht mitzuteilen. Durch dieses „don’t ask, don’t tell“ wird ein wichtiger Teil der emotionalen Ebene aus der Erstbeziehung ausgelagert und beispielsweise auf den Freundeskreis übertragen. Das hat pseudo-offene Züge und kann bereits mit Untreue in Verbindung gebracht werden. Sich gegenseitig auch die emotionale Seite der Erlebnisse mitzuteilen, die innerhalb aber gerade auch außerhalb der Beziehung erfahren wurden, sollte ein wesentlicher Teil der freiwilligen Selbstverpflichtung sein. Diese Teilhabe schafft echtes Commitment. Andernfalls könnte die Aufrichtigkeit und Treue des Partners in Frage gestellt werden, der dem anderen Partner seine Erlebnisse vorenthält.
Mir gefällt insbesondere die Definition der freiwilligen Selbstverpflichtung, weil sie den Freiheitsgedanken sehr gut wiedergibt. Denn „echte“ Freiheit bedeutet eben nicht alles tun und lassen zu dürfen, wonach einem gerade der Sinn steht, sondern auch die Verpflichtungen einer frei getroffenen Entscheidung anzunehmen und konsequent zu verfolgen. Denn letztendlich gibt es im Leben nur Entscheidungen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen.
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