Wirklich frei?

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Viele Partner geben als Grund, warum sie in einer offenen Beziehung leben, an, dass sie „sexuell frei“ sein möchten. Mit diesem Bedürfnis habe ich mich in meinem Buch eingehend auseinandersetzt und bin der Frage nachgegangen, wie frei wir unsere Sexualität tatsächlich ausleben.

Dabei haben mich die Ansichten von Erich Fromm und Jiddu Krishnamurti sehr beschäftigt, die beide Freiheit mit einer „inneren Unabhängigkeit“ in Verbindung bringen. Nur wenn wir innerlich unabhängig seien, würden wir wirklich freie Entscheidungen treffen können. Umgekehrt wären wir also nicht wirklich frei, wenn wir Zwängen und Süchten nachgehen. Auch triebhaftes – sexuelles – Verlangen kann als eine Art Zwang aufgefasst werden, weil es den Impulsen aus dem Areal unseres alten Reptiliengehirns folgt. Doch unser Reptiliengehirn besitzt kein Bewusstsein, es folgt im Wesentlichen einem genetischen Programm, zu dem auch die Fortpflanzung gehört. Insofern verlangt wirkliche Freiheit eine bewusste Entscheidung, die den jüngeren Arealen unseres Gehirns, u.a. dem Neocortex, und eben nicht den alten des Reptiliengehirns enspringt. Diese jüngeren Areale unseres Gehirns können abwägen und sich gegen das Ausleben eines instinktiven, triebhaften Verlangens stellen.

Im nachfolgenden Video führt Tobias Steinhäuser ab Minute 3:54 ergänzend aus, dass es keine “allumfassende Freiheit” gebe. Denn wenn wir “ja” zu etwas sagen, dann folgt daraus ein “nein” für etwas anderes.

Tobias Steinhäuser – wie frei sind wir wirklich?

Damit die Freiheit ihre wirkliche Bedeutung bekommen kann und nicht als Alibi für triebgesteuertes Verlangen herhalten muss, bedarf es eines Bewusstseins über den Ursprung eines Bedürfnisses. Jeder von uns kann und darf natürlich triebgesteuertem Verlangen, wozu auch triebgesteuerte Sexualität gehört, nachgehen. Nur sollte dann meiner Ansicht nach vorsichtig mit dem Begriff „Freiheit“ umgegangen werden. Denn wirkliche Freiheit setzt einen freien Willen voraus, der bei genauerer Betrachtung nicht immer vorhanden ist. Demgegenüber sind wir wirklich frei, wenn wir uns bewusst für etwas entscheiden bzw. auf etwas einlassen können. Dazu gehört auch bewusstes Einlassen auf Sex. Bewusste Sexualität hat das Potential, weit über die Intensität von triebgesteuerter Sexualität hinauszugehen.

Noch viel zu oft wird Freiheit mit einem “Be”-freitsein in Verbindung gebracht. Doch wirklich frei getroffene Entscheidungen beinhalten auch eine Verantwortung uns und anderen gegenüber. Solche Entscheidungen führen uns letztendlich in eine fröhliche Grundstimmung. In meinem Buch widme ich der Freiheit ein ganzes Kapitel und kann ihre Bedeutung doch nur kurz ansprechen. Trotzdem bin ich überzeugt, ein paar wesentliche Aspekte von Freiheit  herausgearbeitet zu haben.

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