In dem nachstehenden Podcast sprechen Anna Peinelt und Christian Thiel darüber, wann Untreu beginnt. Für beide Paartherapeuten beginnt Untreue bereits damit, dass mindestens ein Partner die Beziehung nicht ausreichend pflegt und Prioritäten setzt, die überwiegend außerhalb der Beziehung liegen. Beide Partner hätten ihrer Ansicht nach Anteile an Untreue. Denn wer einerseits seine Bedürfnisse nicht klar kommuniziere und andererseits nicht bereit sei, in die Beziehung zu investieren, der müsse sich nicht wundern, wenn der Partner untreu wird. Eine “emotionale Unterversorgung” in der Beziehung sei ein wesentlicher Grund für Untreue.

Umgekehrt ist für beide Paartherapeuten unbedingte Offenheit ein wesentlicher Schutz vor Untreue. Dazu gehöre auch, dass ein Partner den anderen über sexuelle Avancen und Impulse informiert, die ihm im Außen begegnen.  Der Podcast behandelt ab der genannten Minute folgende Themen:

• 00:58 – Männer gehen nicht häufiger fremd als Frauen
• 04:05 – Ambivalenz zwischen gewünschter und gelebter Treue. 
• 07:46 – Formen von Untreue
• 09:05 – Emotionale Unterversorgung 
• 10:36 – Erotisches Angebot außerhalb der Beziehung
• 12:12 – An Untreue haben beide Partner Anteile
• 13:20 – Untreue kommt nicht “vom Himmel gefallen”
• 14:40 – Entzug von sexuellem Interesse
• 16:10 – Desinteresse des Partners führt oft dazu, eine Affäre einzugehen
• 17:09 – Zerrissenheit, weil Untreue ihre Beziehung infrage stellen können
• 19:35 – Kommunikation über die Unzufriedenheit mit der Beziehung
• 20:40 – Empfänglichkeit für Untreue, wenn Wertschätzung fehlt
• 24:40 – Offenheit, alles erlebte mit dem Partner zu teilen
• 27:14 – Geschlechtsspezifische Unterschiede für Untreue
• 30:50 – „Es ist doch nur Sex”
• 37:27 – Ein Affärenpartner füllt den Mangel der Beziehung aus
• 40:52 – Untreue als Krise erkennen und überwinden
• 45:03 – Wann sich ein Paar trennen sollte

Mir hat sich beim Hören des Podcasts die Frage gestellt, ob sich Paare in offenen Beziehungen treu bleiben können, die vereinbart haben, sich gegenseitig nichts oder nur wenig über ihre Erlebnisse mit Sexpartnern zu erzählen. Auch wenn dieses „don’t ask, don’t tell“ vereinbart wurde, so begrenzt diese Regel doch die „Offenheit“ eines Paares und öffnet das Tor zur Untreue – weil eben nicht über alles gesprochen wird. Gleiches trifft für Paare zu, die wenig Zeit miteinander verbringen (weil sie viel mit anderen Sexpartnern aufwenden).

Ein möglicher Grund, mit dem Partner die sexuellen Erlebnisse außerhalb der Beziehung nicht zu teilen, könnte das Wissen um die Kraft von Sex sein, die immer mit grosser Intimität einhergeht. Anna Peinelt und Christian Thiel meinen, dass Sex und emotionale Verbundenheit nur von einer Minderheit voneinander getrennt werden könne. Können sich also Paare in offenen Beziehungen überhaupt “emotional treu” bleiben? Und wann wird sich ein solches Paar emotional untreu?

Die Offenheit, über die Anna Peinelt und Chrisitian Thiel im vorstehenden Podcast sprechen und mit Treue assoziieren, beschreibe ich ausführlich in meinem Buch im Kapitel zur sogenannten „monogamischen“ Beziehungsform.