Regeln in Beziehungen

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Eine wesentliche Eigenschaft von Beziehungen sind Regeln zwischen den Partnern. Sie kommen in unterschiedlicher Ausprägung in jeder Beziehungsform vor. Sie definieren den Komfortbereich, in dem sich beide Partner in ihrer gemeinsamen Beziehung wohl und sicher fühlen.

In monogamen Beziehungen ist die wesentliche Regel, dass der sexuelle Kontakt zwischen dem Paar exklusiv bleibt. Diese Regel ist der wesentliche Unterschied zwischen der monogamen Beziehung und den polygamen Beziehungsformen, bei denen weitere sexuelle Kontakte bestehen dürfen. Die Regeln polygamer Beziehungsformen legen den Rahmen dieser weiteren sexuellen Kontakte fest. Dabei unterscheiden sich die Regeln innerhalb der polygamen Beziehungsformen teilweise deutlich voneinander: Bei offenen Beziehungen legt das Paar fest, dass beide eine Erstbeziehung miteinander führen. Die vereinbarten Regeln verfolgen überwiegend das Ziel, dass eine emotionale Bindung bzw. Liebesbeziehung nur zwischen ihnen besteht und eine solche nicht zu den weiteren Sexpartnern aufgebaut werden soll. Die Regeln offener Beziehungen sollen überwiegend sicherstellen, dass es außerhalb der Beziehung beim „Sex ohne Liebe“ bleibt, wodurch eine Bedrohung des Status ihrer Erstbeziehung abgewehrt werden soll. Eine weit verbreitete Regel, die dies sicherstellen soll, ist das Veto- Recht. Bei polyamoren Beziehungen bestehen hingegen gleichberechtigte Liebesbeziehungen zu mehreren Partnern.

Insbesondere die Regeln offener Beziehungen sind leichter als bei anderen Beziehungsformen zu durchbrechen. Das zeigen auch meine Recherchen zu Paaren, die schon länger in offenen Beziehungen oder offenen Ehen leben. Denn in diesen Fällen hat sich ausnahmslos früher oder später mindestens ein Erstpartner in einen Sexpartner verliebt. Damit hat dieser Erstpartner auch die emotionale Ebene geöffnet, die eigentlich zwischen den Erstpartner exklusiv bleiben sollte. Die anfangs zwischen den Erstpartnern festgelegten Regel halten den Dynamiken, die durch die Öffnung entstehen, deutlich überwiegend nicht stand und müssen oft nachverhandelt werden. Werden sexuelle Ausflüge eines Paares als Wir- Erfahrung gesammelt, beispielsweise mit einem gemeinsamen Besuch im Swingerclub, lässt sich eine emotionale Nähe zu einem Sexpartner besser vermeiden.

Studien aus der evolutionären Psychologie zeigen, dass eine Trennung von Sex und Gefühlen wie Liebe – insbesondere bei Frauen – auf Dauer nicht aufrecht gehalten werden kann, wie es in offenen Beziehungen mit Regeln versucht wird. Es ist wichtig, in Beziehungen Regel zu vereinbaren. Doch beide Partner sollten sich auch bewusstwerden, was sie sich versprechen bzw. nicht versprechen können. Dass beispielsweise keine Gefühle zu einem Sexpartner entstehen, d.h. die emotionale Ebene zu ihm geschlossen bleibt, kann nicht versprochen bzw. geregelt werden.Viele Paartherapeuten und Coaches betrachten die offene Beziehung deshalb auch gerne als Übergangsbeziehung hin zu einer polyamoren Beziehungsform.

Mich hat immer wieder erstaunt, wie viele Paare sich dagegen stemmen, ihre offene in eine polyamore Beziehung zu überführen, obwohl die Dynamiken offener Beziehungen dies empirisch belegen. Viele Coaches und Therapeuten betrachten offene Beziehungen deshalb auch gerne als “Übergangsbeziehung”. In meinem Buch gehe ich auf die Dynamiken genauer ein, die durch die Öffnung einer Beziehung entstehen können.

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