Lebensphasen

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Ein Ergebnis der Recherchen zu meinem Buch ist, dass Paare dazu tendieren, polygame und monogame Beziehungen phasenweise einzugehen.

Einerseits probieren viele junge Paare in ihren 20er Lebensjahren die offene Beziehungsform aus, weil sie Erfahrungen sammeln und noch keine so feste Bindung mit einem anderen Partner eingehen wollen. Darüber hinaus wissen viele junge Paare nicht, wohin es sie beruflich später verschlagen wird. In dieser Phase der Orientierung ist es gut nachvollziehbar, dass die unterschiedlichen Beziehungsformen ausprobiert werden.

Andererseits beschließen einige Paare, die über ein Jahrzehnt monogam miteinander gelebt haben, ihre Beziehung zu öffnen. Viele dieser Paare sind in jungen Jahren zusammengekommen, haben wenig sexuelle Erfahrungen mit anderen Partnern gesammelt, haben Kinder zusammen großgezogen und wollen in dieser Lebensphase so ab ihrer 40er Lebensjahre nochmal etwas Neues in Nebenbeziehungen erleben.

Es kommt häufig vor, dass Paare nach einer polygamen Phase eine monogame bzw. monogamische Phase anschließen – oftmals mit einem anderen Partner. Ein Beispiel dafür, das sehr schön die Ergebnisse der Recherchen zu meinem Buch wiedergibt, ist das Beziehungsleben von Dr. Timo Eifert, das er in einem Interview mit Melanie Mittermaier schildert. Anfangs befanden sich er und seine Frau in einer klassisch monogamen Beziehung, die sie einvernehmlich geöffnet haben. Beide gerieten dann in polyamore Beziehungen – was übrigens im Ergebnis meiner Recherchen auch zu erwarten war. Schließlich hat er sich in eine andere Frau so sehr verliebt, dass er mit ihr nunmehr eine bewusste, monogame Beziehung führt. Dr. Timo Eifert hat für sich rückblickend festgestellt, dass seine polygamen Phasen für seine Entwicklung zwar wichtig waren, jedoch auch „nicht so gute“ Dynamiken mit sich gebracht haben. Diese unguten Dynamiken hätte er anfangs unterschätzt.

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass diese Phasen in ähnlicher Weise auch bei der Besuchsehe der Musou beobachtet werden können. Obwohl die Besuchsehe der Auffassung von sexueller Freiheit und freier Liebe sehr nahe kommt, wird sie von Paaren, die sich ineinander verliebt haben, grundätzlich monogam gelebt. In der monogamen Phase nehmen die Mosuo den Verzicht auf weitere Sexpartner offenbar nicht als Unfreiheit wahr.

In meinem Buch gehe ich ausführlicher auf den Ursprung von Bedürfnissen ein. Wie wir mit unseren Bedürfnissen umgehen, entscheidet maßgeblich über die Wahl der Beziehungsform.

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