Aktuell werden die alternativen, nicht-monogamen Beziehungsformen in den Medien stark beworben. Das ist auch nicht weiter verwunderlich: Denn nachdem monogame Beziehungen lange die gesellschaftliche Norm waren und auch Herausforderungen mit sich bringen, wecken alternative Beziehungsformen oftmals Hoffnungen, wenigstens einige dieser Herausforderungen lösen zu können.
In diesen die nicht-monogamen Beziehungsformen bewerbenden Berichten wird monogam lebenden Paaren manchmal suggeriert, dass Monogamie keine „natürliche“ Beziehungsform sei. Doch die Ergebnisse meiner Recherchen widersprechen dem – sofern seriell monogame Beziehungen der Monogamie zugerechnet werden. Richtig an diesen Berichten ist, dass die Monogamie im Sinne von „nur ein Partner ein Leben lang“ tatsächlich die große Ausnahme ist und immer seltener wird. Ich persönlich halte es für wichtig, dass jeder Partner für sich genügend sexuelle Erfahrungen gesammelt haben sollte, bevor er eine stabile Beziehung eingehen kann.
Nicht-monogame Beziehungsformen sind alternative Beziehungsformen, nicht mehr und nicht weniger. Wenn Monogamie tatsächlich so „unnatürlich“ ist, wie teilweise behauptet wird, dann dürften beispielsweise die Mosuo meiner Ansicht nach keine monogamen Beziehungen eingehen. Doch genau dazu entscheiden sich unter ihnen Paare, die sich ineinander verliebt haben. Und wenn Polygamie tatsächlich so „natürlich“ wäre, dann dürften Kulturen, bei denen auch polygame Beziehungen seit jeher uneingeschränkt akzeptiert werden, das Gefühl von Eifersucht nicht kennen. Doch dem ist nicht so, wie Studien von evolutionären Psychologen zeigen. Schließlich ist festzustellen, dass auch polygam geprägte Gesellschaften kulturell überformt sind.
Alternativ bzw. nicht-monogame Beziehungsformen mögen zwar einige Herausforderungen der monogamen Beziehungsform lösen, jedoch bringen sie neue und tendenziell schwierigere Herausforderung mit sich. Nicht ohne Grund bieten zunehmend Coaches und Therapeuten speziell für nicht-monogam lebende Paare Unterstützungsleistungen an. Der Markt dafür scheint lukrativ zu sein.
Zu bedenken geben möchte ich auch, dass diejenigen, welche die polygame Beziehungsform bewerben und damit ein Einkommen erzielen, ihre Freiheit einschränken, irgendwann in eine monogame Beziehungsform zu wechseln. Die Entscheidung, nach Erfahrungen mit polygamen Beziehungen in eine monogame Beziehung zu wechseln, ist alles andere als unüblich. Doch genau diese Entscheidung würde bei denjenigen, welche polygame Beziehungsformen bewerben, sicher zu Einkommenseinbußen führen, sodass von außen eine Art (wirtschaftlicher) Zwang besteht, an der polygamen Beziehungsform festzuhalten.
Die monogamische Beziehung, in der tabulos und offen über alle Wünsche und Bedürfnisse gesprochen wird, die das „Wir“ der Beziehung in den Vordergrund stellt sowie sexuelle Bedürfnisse und Impulse im Außen weitestgehend in die Beziehung integriert, halte ich persönlich für das Beziehungsmodell, das für die meisten Paare an Attraktivität zunehmen wird.
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