Studien der evolutionären Psychologie bringen unsere sexuelle Treue in Beziehungen mit dem (potentiellen) Elternaufwand in Verbindung. Im Tierreich kann tendenziell festgestellt werden, dass Paare umso länger zusammenbleiben, desto höher ihr Elternaufwand ist.
Dies kann anhand eines Vergleiches zwischen Reptilien und Vögeln gut beobachtet werden. Bei Reptilien ist der Elternaufwand vergleichbar gering, weshalb sich die Elterntiere nach der Paarung fast ausschließlich trennen. Das Weibchen legt die befruchteten Eier ab und überlässt diese meistens sich selbst. Brutpflege wird nur in wenigen Fällen betrieben und wenn doch, dann obliegt diese nur einem der Partner – meistens den Weibchen.
Bei Vögeln kann ein anderes Verhalten beobachtet werden. Da Vögel Brutpflege betreiben und das Aufziehen der Nachkommen viel Energie kostet, kümmern sich beide Elternteile gemeinsam um die Aufzucht. Sie teilen sich deshalb den Elternaufwand. Auch Vögel gehen gelegentlich fremd, was nach aktueller wissenschaftlicher Meinung vorrangig dem Ziel dient, im Todesfall des Partners einen „Backup- Mate“, also einen Ersatzpartner für die Aufzucht der Nachkommen in petto zu haben (was im Übrigen auch bei Frauen ein Motiv für’s Fremdgehen sein soll, wie evolutionäre Psychologen herausgefunden haben wollen – siehe z.B. die mate switching hypothesis). Doch ein Vogelpaar, welches gemeinsam erfolgreich Nachkommen aufgezogen hat, trifft sich im nächsten Jahr erneut zur Paarung. Ganz extrem kann das bei Pinguinen beobachtet werden. Bei ihnen ist nicht nur das Überleben des einen Kükens pro Jahr von ihrer gemeinsamen Brutpflege abhängig, sondern auch das des Partners. Während der eine Partner das Ei ausbrütet, beschafft der andere Partner die Nahrung.
Bei Säugetieren kann ebenfalls ein monogames Verhalten beobachtet werden, wenn das Überleben der Nachkommen von der Fürsorge beider Elternteile abhängt, wie die Beispiele der Krallenaffen, der Nachtaffen und der Gibbons („kleiner Menschenaffe“) zeigt.
Im nachstehenden Video geht Christian Hemschemeier ab Minute 3:13 auf diese zuvor beschriebenen Zusammenhänge ein. Monogamie würde sich für Spezies lohnen, deren Elternaufwand groß sei.
Es lässt sich tendenziell feststellen, dass Eltern umso häufiger eine dyadische Beziehung eingehen, desto mehr das Überleben und Gedeihen des – potentiellen – Nachwuchses von beiden Elternteilen abhängt. Wenn die Eltern über einen längeren Zeitraum gemeinsam für ihren Nachwuchs verantwortlich sind, bleiben sie sich auch grundsätzlich sexuell treu – sehr wahrscheinlich, um ihre Bindung zu stärken. Aus vorgenannten Gründen scheint die Auffassung von Helen Fisher, dass bei unserer Spezies heterosexuelle Paare tendenziell monogam mit „gelegentlichen Seitensprüngen“ genetisch geprägt seien, sehr plausibel zu sein. Auch die beim Sex ausgeschütteten Bindungshormone – die bei Frauen etwas anders als bei Männern wirken sprechen für ihre Auffassung.
Interessant ist eine Art „Gegenprobe“, um die vorgenannten Feststellungen zu untermauern. Dabei rückte bei mir das Sexualverhalten gleichgeschlechtlicher Paare in den Fokus, da deren Sexualität ja vollständig losgelöst von Schwangerschaft und Elternaufwand ausgelebt wird. Bei meinen Recherchen fand ich schließlich Studien zum Sexualverhalten homosexueller Männer, die den Zusammenhang von sexueller Treue und dem Elternaufwand zu bestätigen scheinen.
Homosexualitaet-und-PromiskuitaetHomosexuelle Männer gaben beispielsweise in den Studien 3) und 4) an, jährlich zwischen 8 und 15 Sexpartner zu haben. Sexuelle Treue scheint bei ihnen die große Ausnahme zu sein. Männer können miteinander den sexuellen Trieb ohne den biologischen Zweck der Fortpflanzung ausleben. Bei heterosexuellen Paaren ist das anders, weil bei ihrer Sexualität potentiell Nachkommen gezeugt werden können. An diesem offenbar tief verwurzelten evolutionären Programm wird die erst seit wenigen Jahrzehnten bestehende Möglichkeit der Empfängnisverhütung nichts ändern können. Die Evolution scheint daher für heterosexuelle Paare dafür gesorgt zu haben, dass sie sich stärker aneinander binden und eine stärkere Eifersucht ausbilden. An diesem sehr alten, über Jahrtausende entstandenen genetischen Programm vermag auch die Empfängnisverhütung, die es erst seit wenigen Jahrzehnten gibt, kaum etwas zu ändern.
Schreibe einen Kommentar