Mich haben Befragungen von Affärenpartnern interessiert, in denen sie gefragt wurden, warum sie bereitwillig eine Affäre mit einem vergebenen, sich in einer anderen Beziehung befindlichen Partner eingehen. Ein deutlich überwiegender Teil gab an, dass sie sich insgeheim wünschen, mit dem vergebenen Partner eine vollwertige Beziehung führen zu können und er dafür seine aktuelle Beziehung beendet. Ein weiterer erheblicher Anteil der Affärenpartner gab an, dass sie es gerade erotisch und erregend finden, den Partner nicht bekommen zu können. Diese beiden mit am häufigsten genannten Gründe von Affärenpartnern spiegeln meiner Ansicht nach unser ambivalenten Bedürfnisse nach Bindung und Autonomie.
Die einen Affärenpartner wünschten sich eine stärkere Bindung bzw. eine Aufwertung ihrer Beziehung mit dem vergebenen Partner. Verheimlicht der vergebene Partner seinen Affärenpartner allerdings, dann darf sich der Affärenpartner fragen, wie ehrlich der vergebene Partner ihm gegenüber sein wird, wenn er tatsächlich seine Beziehung beendet um mit ihm die gewünschte vollwertige Beziehung einzugeht. Denn warum sollte der Partner, der seinen (nunmehr) ehemaligen Partner mit ihm als Affärenpartner heimlich betrogen hatte, keine neue heimliche Affäre eingehen?
Die anderen Affärenpartner wollen ihre Rolle nicht verändern und ihre Autonomie behalten. Für sie entsteht die Erotik gerade durch die Distanz zum vergebenen Partner. Hierzu fällt mit ein Zitat von Ulrich Clement ein: „Wir können nicht begehren, was wir bereits haben“. Was uns unerreichbar erscheint, übt einen Reiz auf uns aus, es „haben“ zu wollen. Und oftmals verliert es den Reiz, sobald wir es dann bekommen. Dieses Phänomen scheint die Herausforderung von Langzeitbeziehungen zu sein: Den Reiz unseres Partners zu bewahren, obwohl wir ihn bereits „haben“.
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