Eifersucht

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Eine weit verbreitete Ansicht über die Eifersucht besagt, dass wir Menschen sie entwickelt hätten, als wir sesshaft wurden. Vor gut zehntausend Jahren begannen unsere Vorfahren mit dem Ackerbau und der Viehzucht. Dadurch entstand Eigentum, denn das Ackerland und das Vieh samt dem Hof gehörten den Betreibern. Es waren sehr wahrscheinlich die Männer, welche für sich in Anspruch nahmen, das Eigentum zu besitzen. Dadurch hatten sie ein Interesse daran, es ihren eigenen Nachkommen – und nicht denen eines anderen Mannes – zu hinterlassen. Die Männer hatten also ein Interesse daran, dass nur sie mit ihrer Frau Sex hatten.

Frauen waren damals mehr als heute auf ihren Mann angewiesen, weil es für sie alleine kaum möglich gewesen sein dürfte, das Ackerland  zu bestellen, sich um das Vieh, den Hof und darüber hinaus auch noch um den Nachwuchs zu kümmern. Die Frauen hatten also kein Interesse daran, dass ihr Mann eine Bindung oder Verpflichtung mit einer anderen Frau eingeht, wodurch er seine Unterstützung vernachlässigen oder sogar einstellen würde. Beides konnte eintreten, wenn ihr Mann Sex mit einer anderen Frau hat. Denn dadurch könnte er zu dieser Frau eine emotionale Bindung entwickeln oder zusätzlich Verpflichtungen eingehen (müssen), wenn er sie schwängert. Sex außerhalb der Beziehung konnte also zu einer Bedrohung für das eigene Überleben werden. Eine monogame Lebensweise lag demnach durchaus im Interesse eines Paares.

Diese existenzielle Bedrohung besteht heute nicht mehr. Und weil zehntausend Jahre für ein evolutionär geprägtes Verhalten eine eher kurze Zeitspanne ist, hat sich die Ansicht verbreitet, dass unsere heutige Eifersucht ein kulturelles bzw. gesellschaftliches und kein evolutionäres Phänomen ist. Doch als ich etwas länger zur Eifersucht recherchierte, erfuhr ich von einer weiteren Ansicht über die Entstehung von Eifersucht, die deutlich früher als die Sesshaftwerdung zurückliegt. Diese Ansicht geht davon aus, dass der Elternaufwand und die damit einhergehenden Investitionen in eine Beziehung der Ursprung von Eifersucht ist. Da Frauen die Strapazen der Schwangerschaft tragen und ihr in erster Linie der Elternaufwand zufällt, legen sie Wert auf gesunde Gene und Unterstützung. Obliegt die Unterstützung einem Mann und nicht einer Gruppe, legt er Wert auf seine Vaterschaftssicherheit – wobei es auch Männern in Gruppen nicht immer leicht gefallen sein dürfte, ihre Energie in die Kinder anderer Männern zu investieren, die nicht ihr Erbgut tragen. U.a. geht David Buss in seinem Buch „Wo warst Du?“ sehr ausführlich auf diesen evolutionär geprägten Anteil von Eifersucht ein. Da auch polygam geprägten Kulturen als auch Naturvölkern Eifersucht bestens bekannt ist (selbst solchen, denen nachgesagt wird, nicht eifersüchtig zu sein!), finde ich die Ansicht sehr gut nachvollziehbar, dass Eifersucht ein sehr altes Phänomen ist, das die Evolution in unser genetisches Programm geschrieben hat.

Auch die unterschiedlichen Szenarien, auf die Frauen und Männer tendenziell eifersüchtig sind, weisen auf einen evolutionären Ursprung von Eifersucht hin. Frauen sind eher eifersüchtig auf eine emotionale Bindung oder gar Liebe, die ihr Mann zu einer anderen Frau entwickeln könnte. Demgegenüber sind Männer eher eifersüchtig auf guten Sex, den ihre Frau mit einem anderen Mann haben könnte. Denn beide Szenarien bedrohen die Beziehung aus der jeweiligen Perspektive der Frau und des Mannes am meisten: Wenn sich auf der einen Seite der Mann in eine andere Frau verliebt, dann wäre er eher bereit, die Beziehung mit seiner Frau aufzugeben und ihr seine Unterstützung zu entziehen. Und wenn auf der anderen Seite die Frau guten Sex mit einem anderen Mann hat, wird sie mit ihm häufiger schlafen wollen, wodurch die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass sie von ihm geschwängert wird. Ihr Mann würde dann keine Vaterschaftssicherheit haben. Dieser Anteil der Eifersucht gehört offensichtlich ebenfalls zu unserer Evolution. An diesen uralten Gefühlen wird die im Vergleich extrem kurze Zeit, in der die Empfängnis verhütet werden kann, nichts geändert haben können.

Wenn Eifersucht wirklich ein ausschließen soziokulturelles Phänomen wäre, dann dürften Frauen und Männern keinen so unterschiedlichen Fokus aufweisen.

Auf den zuvor genannten evolutionären Anteil von Eifersucht geht Prof. Erb im nachfolgenden Video ab Minute 9:55 ein und gibt eine gute Übersicht über die verschiedenen Formen von Eifersucht.

Prof. Erb über Eifersucht

Aus vorgenannten Gründen finde ich Ansichten schwierig, welche die Eifersucht als ausschließlich soziokulturelles Phänomen betrachten, sie daher als „unnatürlich“ abtun und „überwinden“ wollen. Vielmehr ist ein differenzierter Umgang mit der Eifersucht wichtig. Eifersucht wird eben nicht nur von unserer individuellen, sondern auch von der evolutionären Prägung verursacht. Das Gefühl von Eifersucht beinhaltet anteilig auch die Aufforderung, dass wir auf uns selbst reflektieren und erfahren, ob unsere Beziehung ausgewogen ist und ob wir in sie investieren wollen. Paare, die ihre Eifersucht anerkennen und sich gegenseitig dabei unterstützen mit ihr umzugehen, sind meiner Meinung nach sehr integer.

In meinem Buch gehe ich detaillierter auf die Eifersucht ein.

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